Die Tabula rasa oder das unbeschriebene Blatt
Wissenschaft und Skalen
Zunächst soll einmal verdeutlicht werden was es bedeutet, Wissenschaft auf unterschiedlichen Skalen zu betreiben; Skalen, das sind hier letztlich Größenverhältnisse im ganz Allgemeinen. Ein Beispiel biete z.B. die Thermodynamik: Im Detail beschreibt die Physik, wie kleine Teilchen, z.B. Atome und Moleküle, untereinander wechselwirken, wie sie zusammenstoßen und wieder abprallen. Bei höheren Temperaturen bewegen sich diese Teilchen im Mittel schneller, aber sie können bei Stößen auch abgebremst werden. Das kann die Physik genau beschreiben - aber wenn man berechnen möchte, wie sich eine Tüte Luft verhält, wenn man sie erwärmt, ist diese Mikro-Physik nicht hilfreich, obwohl sie selbstverständlich richtig bleibt und letztlich alles bestimmt, was berechnet werden soll.
Darum hat man in der Physik makroskopische Größen eingeführt, die besser in der Lage sind zu beschreiben, wie sich Myriaden einzelner Teilchen als Kollektiv verhalten; Temperatur und Druck sind solche Größen, die statistische Aussagen über große Mengen solcher Teilchen zulassen; aber bestimmt wird ihr Verhalten immer durch die mikroskopischen Prozesse. Das hat zur Folge, dass Druck und Temperatur nicht irgendetwas machen können sondern immer an die Grenzen gebunden sind, die ihnen die genaue Physik der elementaren Grundgrößen vorschreibt.
Ganz ähnlich ist es mit dem Verhältnis von Biologie zu Soziologie: die Biologie beschreibt die 'Grenzen' innerhalb derer die Soziologie sich entfalten kann. Die Soziologie beschreibt das Verhalten vieler Menschen als Gruppe, aber was der einzelne Mensch tut und tun kann, gibt letztlich die Biologie vor.
Selbstverständlich wird das Handeln des Einzelnen auch durch das beeinflusst, was ihm von den anderen Menschen entgegengebracht wird: auch das gehört zur Biologie des Menschen. Der Mensch ist per Biologie darauf 'programmiert', auf seine Umwelt zu reagieren, aber diese Reaktionen laufen immer in seinem biologischen Programm ab: die Biologie setzt die Grenzen und bestimmt, was passieren kann - und dazu gehören Antriebe und Motivationen.
Es gibt beim Menschen also KEINE geistig-intellektuelle Eigenschaft, die nicht letztlich irgendwie biologisch-genetisch bedingt ist. Natürlich ist nicht jede geistig-intellektuelle Eigenschaft genetisch festgelegt oder programmiert, aber die Biologie stellt die Grundlagen für alles zur Verfügung, und auf diesen Grundlagen funktioniert der ganze Mensch. Darum sind an allem geistig-intellektuellen die Gene irgendwie beteiligt, wobei ihr Einfluss unterschiedlich groß ist. Rund 10.000 Genen werden im Gehirn aktiv, die alleine 3.000 unterschiedliche Zelltypen kodieren - entsprechend vielfältig sind die Unterschiede zwischen den Menschen: genauso wie die Körper, sind auch die Gehirne Unikate. Dass irgendwer irgendetwas kann ist also kein Beweis dafür, dass andere - oder gar alle - das auch können müssten. Menschen haben Stärken (Talente) und Schwächen - und zwar jeder individuell seine eigenen.
Sprachen lernen zu können ist natürlich genetisch bedingt, aber die Fähigkeit dazu ist von Mensch zu Mensch verschieden; und die Sprache die erlernt wird, ist natürlich nicht genetisch bedingt. Das betrifft selbstverständlich auch alle geschlechts-bedingten Eigenschaften wie z.B. das Balz- oder auch Rollenverhalten: erlernte Verhaltensweisen sitzen auf einem unveränderlichen, genetisch bestimmten Kern, dessen Wirkung sich teilweise direkt, aber auch indirekt über Hormone, entfalten kann. Gibt es also ein weibliches oder männliches Gehirn?
Gibt es das weibliche Gehirn?
Wer mit offenen Augen durch die Welt läuft sieht, dass jeder Mensch anders ist; gleiche Menschen gibt es nicht, nur ähnliche. Und wer etwas von Evolution versteht weiß, dass diese Vielfalt so sein muss. Und dann kommt jemand und behauptet, auf das Gehirn träfe das nicht zu, Gehirne wären alle gleich und geistige Eigenschaften entstünden nur durch Umwelteinflüsse, durch Formen von Lernen. Wenn dem so wäre, könnte jeder Mensch das gleiche lernen und damit könnten alle Menschen gleich gemacht werden. Wie dumm kann man sein ... Trotz allem: Menschen können sehr viel erlernen: unterschiedliche Sprachen, kulturelle Standards, Erwartungen von Gruppen uvm.
Die geistigen Eigenschaften von Männern und Frauen unterscheiden sich - völlig wertfrei - zum Teil ganz offensichtlich und typisch, z.B. wenn man ihre Interessen, den Umgang mit dem jeweils anderen Geschlecht oder ihre Lebensziele betrachtet - aber in Einzelfällen kann das auch ganz untypisch aussehen; da können Frauen typisch männliche Pläne verfolgen oder Männer typisch weibliche Verhaltensweisen leben - das ist das übliche Verhältnis von Einzelfällen zu statistischen Aussagen. Nur: sind diese Unterschiede biologisch-natürlich bedingt oder wurden sie erlernt? Das ist zumindest nicht offensichtlich.
Hier fällt zunächst einmal auf, dass die Frage, was angeboren ist und die Frage ob es statistische Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt, unabhängig sind: angeborene Eigenschaften können bei beiden Geschlechtern in gleichem Maß auftreten - aber sie müssen nicht.
Tatsächlich gibt es sogenannte Wissenschaftler die behaupten, sie könnten an einem Gehirn nicht erkennen, ob es männlich oder weiblich ist.
In einem Interview der Apothekenzeitung 'my life' Nr. 10 vom 15 Mai 2023 sagt Frau Dr. Lisa Mosconi (Neurowissenschaftlerin) Verschiedenes zum Thema Gehirn und Geschlecht. Am Anfang spricht sie vom Einfluss des sexuellen Geschlechts (sie unterscheidet also zwischen Sex und Gender) auf Hirnerkrankungen, die Frauen häufiger betreffen, nennt neurologische und psychiatrische Erkrankungen, Depressionen, Essstörungen, Schlaganfall und Alzheimer. Sie erklärt, dass Östradiol für das weibliche Gehirn ein 'Master-Regulator' ist, der u.a. die Gehirn-Energie und die Kommunikation beeinflusse. Etwas später sagt sie, dass Schwangerschaft und Wechseljahre das weibliche Gehirn dramatisch verändern, besonders im Bereich für soziale Fähigkeiten, spricht Vergesslichkeit und Unaufmerksamkeit an und sagt wörtlich "Sie bilden einen völlig neuen Verstand aus." Das neue Hirn sei kleiner aber effektiver.
Wenn männliches und weibliches Gehirn sich tatsächlich zunächst nicht unterscheiden, das weibliche Gehirn sich aber während Schwangerschaft und Wechseljahren so dramatisch ändert, dann müssen weibliches und männliches Gehirn sich doch zumindest nach diesen Phasen dramatisch unterscheiden, rein logisch betrachtet.
Und dann sagt sie "Pink und Blau, Venus und Mars" etc. sind "soziale Konstrukte und haben wirklich nichts damit zu tun, wie unsere Gehirne gebaut sind. Wenn man sich die Anatomie des Gehirns anschaut - was ich täglich mache - kann man auf den ersten Blick nicht erkennen, ob man ein männliches oder weibliches Organ vor sich hat. Die Unterschiede sind funktional, nicht anatomisch" und betont dann noch "dass diese Unterschiede zu den Männern nicht gravierend sind."
Frau Dr. widerspricht sich damit ganz fundamental selbst. Beispiel: Das weibliche Hormon Östradiol und andere biologische Einflüsse verändern - wie sie sagt - das weibliche Gehirn grundlegend, ohne dass Frau Dr. einen Unterschieden sehen kann, Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Gehirnen soll es aber nicht geben, weil sie keine Unterschiede sehen kann. Kann es sein, dass sie lügt, weil ihre feministische Ideologie ihr das Gehirn vernagelt? Das Problem liegt einfach nur darin, dass sie 'sehen' mal auf das platte Anschauen der Anatomie, also die simple Form des Gehirns bezieht, ein anderes Mal aber auf ganz andere, indirekte Verfahren der Untersuchung.
Wenn ein männliches nicht von einem weiblichen Gehirn unterschieden werden kann, das Gehirn einer Frau in der Schwangerschaft und den Wechseljahren sich aber grundlegend unterscheidet, unterscheiden sich in dieser Zeit auch die Gehirne von Männern und Frauen. Das lässt sich auch durch statistische Tricks nicht verhindern. Und wenn man den Gehirnen diese Unterschiede nicht ansieht, gibt es also unsichtbare Unterschiede, die Männer- und Frauen-Gehirne unterscheiden.
Die Behauptung mancher Pseudowissenschaftler, man könne nicht erkennen "ob man ein männliches oder weibliches Gehirn vor sich hat" ist also gelogen - es sei denn, sind dem essentialistischen Irrtum erlegen und glauben im Ernst, es müsse so etwas wie ein Lämpchen geben, das das Geschlecht anzeigt, so ähnlich wie ein Penis. Was würde man von einem Musikfachmann halten der behauptet, es gäbe keinen Unterschied zwischen Rock- und klassischer Musik, weil er auf den silbern-glänzenden CDs mit bloßem Auge keinen Unterschied erkennen kann?
Natürlich können sie das Geschlecht erkennen, sie müssen nur richtig hin-'schauen': nicht einfach drauf-sehen sondern etwas genauer sein.
- Man kann sogar schon beim relativ einfachen drauf-schauen anatomische Unterschiede erkennen: Männergehirne sind im Durchschnitt rund 10% größer, Frauen haben ein etwas stärkeres Corpus Callosum. Aber das sind statistische Unterschiede und die zählen für Feministen nicht, wenn die nicht wollen. Tatsächlich sagen statistische Unterschiede nichts über den Einzelfall und Das Eine Gehirn aus, aber sie sind der Beweis dafür, dass einige Gene mit Einfluss auf das Gehirn auf dem männlichen Y-Chromosom liegen, denn sonst gäbe es diese Unterschiede nicht. Männliche und weibliche Gehirne weisen darum irgendwelche biologisch-genetisch bedingten Unterschiede auf.
- Man muss nur die Funktionen der Gehirne und die Arbeit ihrer Teile untersuchen, z.B. mit einer fMRT, um geschlechtsbedingte Unterschiede zu 'sehen': Männliche Gehirnhälften sind z.B. mehr spezialisiert als weibliche, was sich z.B. bei der Sprache zeigt. Und wenn erotische Stimuli gezeigt werden reagieren männliche Gehirne anders als weibliche: Männer zeigen eine besondere Reaktion auf das begehrte Geschlecht - eine fMRT kann auch das nachweisen.
- Man kann Menschen natürlich auch einfach fragen und eine richtige Selbstauskunft erhalten; das zu leugnen hieße, Trans-Menschen ihr Recht zur Selbstdefinition zu bestreiten und damit auch das zur Selbstbestimmung: wenn es keine männlichen oder weiblichen Gehirne gäbe, könnte sich auch niemand als wirklich männlich oder weiblich bezeichnen. Die Selbstdefinitionen von Transgender-Menschen passen übrigens zu den Ergebnissen der entsprechenden fMRT-Untersuchungen. Das bedeutet natürlich nicht, dass jeder das ist, was zu sein er oder sie behauptet, Betrug ist möglich - kann aber per fMRT aufgedeckt werden. Jeder weiß, wer er selbst ist - und auch wenn er sich weder-noch fühlt, ist das dann echt: nicht jeder Mensch fühlt sich eindeutig männlich oder weiblich.
Es gibt also Untersuchungen, die das Geschlecht eines Menschen am Gehirn erkennen können. Und es gibt auch einige Menschen die mehr oder weniger zwischen den Geschlechtern stehen. Es gibt also zwei Geschlechter die den meisten Menschen Identität geben, und einen Bereich dazwischen.
*fMRT: funktionale Magnetresonanztomographie
Quellen
1. [https://www.aerztezeitung.de/Panorama/fMRT-zur-Diagnose-bei-Transsexualitaet-geprueft-384129.html]
2. [https://link.springer.com/article/10.1007/s10304-016-0111-1]
3. [https://www.queer.de/detail.php?article_id=31225]
4. [https://www.spektrum.de/news/transsexualitaet-zeigt-sich-im-hirnscan/1567148]
5. [https://www.derstandard.at/story/2000043183903/geschlechtsidentitaet-ist-biologisch-nachweisbar]
6. [https://www.springermedizin.de/magnetresonanztomografie/menopausale-hormontherapie/funktionelle-magnetresonanztomographie-bei-trans-menschen/12015902]
7. https://www.geo.de/wissen/forschung-und-technik/gehirnatlas--mensch-hat-ueber-3000-verschiedene-hirnzelltypen-33909206.html
8. https://www-ninds-nih-gov.translate.goog/health-information/patient-caregiver-education/brain-basics-genes-work-brain?_x_tr_sl=en&_x_tr_tl=de&_x_tr_hl=de&_x_tr_pto=rq